Golfkolumne Platzkauf

Homo Golfus Ignorantus Germano-Britanicus

Im Golfurlaub stelle ich mir immer dieselbe Frage: weshalb benimmt sich eine so große Menge an Golfern so sehr daneben! Vielleicht liegt es daran, dass es mir daheim egal ist, wie sich Individuen verhalten, weil die Golfclubs ihre zahlenden Schäfchen gern selbst zurechtweisen können. Im Urlaub bin ich da tatsächlich sensibler … Was ist denn nun schon wieder vorgefallen? Folgendes:

Ich weile zurzeit an der Costa del Sol und habe nach einigen ergiebigeren Regengüssen tags und nachts zuvor, eine Earlybird-Runde auf einem durchschnittlichen, aber durchaus gepflegten und abenteuerlich bergigen Touristenplatz mit schönen Aussichten gespielt. Die allesamt sehr netten und zuvorkommenden Bediensteten, baten mich darum, den Buggy bitte nur auf den Cartwegen zu nutzen, zumal die Bahnen teils glitschig und durchweicht sein würden. So weit so gut.

Nach neun gespielten Löchern stellte ich mir dann langsam aber sicher zwei Fragen: 1.) wurde dieser nette Hinweis nur mir gegeben? und 2.) was genau haben andere (sollten sie den Hinweis auch erhalten haben) an dieser Bitte nicht verstanden? Der Blick auf andere Bahnen offenbarte folgendes:

• 4er Flights deutscher „Chervingberghs“ mit viel zu engen Kleidungsstücken, rutschten beim Suchen ihrer „Craneflite-Murmeln“ reihenweise in Hecken und hinterließen bei den Rettungsversuchen der Mitspieler beeindruckend tiefe Reifenspuren in eigentlich gut gepflegten Fairways. Traurig.

• Lustig albernde 4er Flights angesoffener Brexit-Teens (die einen sehr guten Ball spielten) freuten sich kringelnd über Wheelies mit ihren Carts, die noch tiefere Spuren als die der germanischen Hacker hinterließen. Ignorant dümmlich.

Der Teil meiner deutschen Seele neigt dann dazu, diese Rüpel darauf aufmerksam zu machen, was meistens in einem „deutschen Duell“ mündet. Deutsche Duelle sind sicherlich jedem ein Begriff. Beispiel: das Kino ist komplett leer, der Film läuft bereits, man setzt sich also einfach irgendwo hin. Wird dann aber von den anderen beiden Besuchern darauf hingewiesen, dass dies doch ihre reservierten Plätze seien. Ein Wort jagt das andere, und kurz vor der Androhung von Schlägen greift einer der beiden Ehefrauen ein.

Der Deutsche lässt sich eben nicht gern zurechtweisen, weil er sich häufig als oberstes Glied der Nahrungskette sieht. Briten auch nicht. Und beide akzeptieren im Ausland nur sehr schwer Regeln. Ich finde das übrigens immer lustig, wenn Briten über Deutsche und Deutsche über Briten schimpfen, weil sich diese beiden Nationen aus Sicht der restlichen Welt (also bspw. aus dem Teil meiner spanischen Seele heraus) so unfassbar ähnlich sind:

  • Beide lieben ihre Boulevard-Presse für einfach strukturierte Gemüter (Sun vs. Bild).
  • Beide reservieren nach Ankunft in einem Hotel direkt die Liegen.
  • Beide nehmen nach zwei Stunden Sonnenbad zunächst die Farbe eines Hummers an.
  • Beide kleiden sich größtenteils so, als wenn mitten beim Anziehen das Licht ausgefallen wäre.
  • Beide verlassen große Fußballturniere ausschließlich „ungerecht, betrogen“.
  • Beide saufen Bier, dass sich die Anstandsbalken biegen. Meistens auf Mallorca.

Ich schweife ab: meine quer über die Bahn gerufene Erinnerung über das Fahren auf Cartwegen, rief die erwarteten Pöbeleien hervor. Man solle die Klappe halten, schließlich wäre man hier nicht der Marshall etc. etc. etc.! Egal, geschenkt, denn der ältere Deutschen-Flight hat seine Strafe (nach allem, was ich so beobachten konnte) direkt vom Golfgott erhalten: Hack, Hack, Pling, Plong, Platsch. Bei den jungen Briten verhielt es sich mit spielerischer Strafe anders, aber zumindest sahen die so aus, als wenn sie die Mützen aus einem ganz bestimmten Grund tragen würden …

Nach meiner Runde fragt ich dann im Proshop ironisch nach, ob diese Anweisung wirklich nur mir galt. Ich bin der spanischen Sprache zweisprachig mächtig, und erhielt wohl aufgrund dessen eine ziemlich traurige, unverblümte Antwort: „Es sind hauptsächlich deutsche und britische „Überwinterer“, die hier eine zwei bis dreimonatige Mitgliedschaft abgeschlossen haben. Leider glauben die dann, dass sie damit Anteile erworben hätten, und Ihnen somit auch der Platz gehören würde. Die jungen Briten hinter Dir sind Greenfee-Spieler. Die wurden von einem unserer Greenkeeper bereits ermahnt, den ziehen wir gleich auf Loch 15 den Stecker und nehmen sie aus dem Spiel. Die sind uns als Kunden relativ egal, aber auf die Langzeitverträge können wir schlecht verzichten, also halten wir da eher mal die Klappe. Du glaubst gar nicht, was die sonst noch alles so machen. Nehmen unser Klopapier mit in die Apartments, oder bauen die Handtücher vom Schlägerwascher am Cart ab und hängen die sich an die Tasche. Vom Ausbessern der Pitchingmarken brauche ich Dir wohl nichts zu erzählen. Sagen wir etwas, kassieren wir eine schlechte Bewertung bei Google oder diesem Albrecht-Guide.“

Wow, für mich hört sich das zwar an wie die Kapitulation vor dem kapitalistischen Kunden, aber in Zeiten von Bewertungsportalen und Co, ist das leider die Waffe des kleinen, nicht mit ausreichend Körpergröße ausgestatteten Mannes. Wahrscheinlich derselbe Mann, der mit Mitte 50 noch zu seinen Kumpels sagt, dass sie bei Mutti nicht erzählen sollen, dass er mit zum Trinken war…

Was für ein Nachhall, und keine Ahnung, wie man solche Golfnässer zur Räson bringt. Das ist sicherlich ein gesellschaftliches Problem, dem ein auf golfende Kunden angewiesenes Unternehmen sicherlich nicht allein Herr wird. Beginnen würde es im eigenen Club daheim, aber auch da sehe ich schwarz, wenn ich mir so meine letzten Clubs anschaue. Aus Kostengründen eingesparte Marshalls, oder Marshalls, die einfach nur gern beim Damennachmittag herumcruisen und ein nettes Pläuschchen halten. Alternativ auch mit der Bitte „von ganz oben“ ausgestattet, zu langsame, oder sich danebenbenehmende Greenfee-Flights bitte nicht anzusprechen. Die würden ja nicht wiederkommen …

Ende. Over.

von A.M.